Kai Schätzel
Kai Schätzel
Das Weingut Kai Schätzel in Zahlen
Rebfläche: 10 ha
Jahresproduktion: 65.000 Fl.
Durchschnittsertrag 60 hl/ha
Mitglied: VDP, Roter Hang
Anschrift: Weingut Schätzel, Oberdorfstraße 34, 55283 Nierstein
Die erklärungsbedürftige Philosophie von Kai Schätzel
"Kai Schätzel ist es gelungen, Spannung, Ausdruck und Eleganz zu steigern und dabei den Alkoholgehalt weiter zu senken - quasi die Quadratur des Kreises. ... Bereits ab der tollen Basis stehen Rieslinge und Silvaner für Zug, Spannkraft und Trinkfreude." (Gault & Millau Weinguide 2015)
Beste Hang- und Steillagen am Rhein sind die gute Kinderstube der Weine. Die Weinberge liegen überwiegend im Niersteiner Roten Hang. Der rote Tonschieferboden verleiht den Weinen eine ausgeprägte mineralische Note und filigrane Struktur.
Im 700 Jahre alten Kellergewölbe bekommen die Weine viel Zeit unter der behutsamen Führung des Kellermeisters Kai Schätzel. So entstehen Charakterweine, die ihren Platz auf der Weltbühne verdient haben.
Und auf der Weltbühne - vor allem in den skandinavischen Ländern - ist Kai Schätzel tatsächlich schon angekommen. 2008 übernahm er das elterliche Weingut und veränderte erst mal Vieles. Er hatte festgestellt, dass sich die Weine, die auf Schiefer wachsen, sich dann am besten entwickeln, wenn sie niedrig im Alkohol liegen (Beispiel Mosel) und dass sich die sogenannten "kühleren" Jahrgänge viel komplexer entwickeln als die angeblich "guten". Alte Jahrgänge aus dem hauseigenen Keller lieferten ihm diese Einsicht. Deshalb versuchte er, den kühleren Stil weiter zu entwickeln, auch in wärmeren Jahren Säure zu erhalten und die Zuckereinlagerung in die Beeren zu bremsen. Dazu musste das Gesamtsystem im Weinberg umgestellt werden. Also "entschleunigte" er die Weinberge, indem er "Energiefresser" zwischen die Rebzeilen pflanzte, um den Reben Nährstoffe zu rauben und ihnen zu signalisieren, dass sie langsamer wachsen sollen.
Große Weine wachsen im Weinberg. Und weil Kai Schätzel das weiß, versucht er seine Reben dabei möglichst wenig zu stören. "Wir beobachten sehr genau und ernten nach und nach nur die besten Trauben heraus. So kommt es vor, dass wir zwischen September und Mitte November bis zu 5 Mal in einem Weinberg sind." Selbstverständlich ist eine so aufwändige Lese nur von Hand möglich. Jede Traube zu ihrem perfekten Reifezeitpunkt gelesen, bevor sie überreif wird. "Gesunde Schalen und eine stabile Säure sind für unseren Stil unumgänglich. Die meisten Beeren kommen bei uns mit etwa 86 bis 88 Grad Oechsle rein und sind trotzdem goldgelb und absolut reif."
Die abgeschnittenen Trauben werden in kleinen Boxen ins Weingut transportiert. Hier werden die Trauben etwas angequetscht und stehen bis zu 24 Stunden auf der Maische, wodurch mehr Aromen aus den Schalen gelöst und die Weine komplexer werden.
Anschließend kommen die Trauben in die Kelter. Während der gesamten Maischebehandlung kommen keine Pumpen zum Einsatz. Die Trauben werden stets schonend gekippt. So werden Verletzungen an Stielen und Kernen vermieden.
Der frische Saft wird allein durch Sedimentation geklärt. "Das heißt wir warten bis sich am Boden ein trübes Sediment absetzt. Darüber steht dann ein klarer Saft im Tank. Durch diesen natürlichen Prozess sparen wir uns den Einsatz von Filtern." Der klare Saft läuft anschließend mittels Falldruck in den Keller.
Im Keller bekommt jede Lage sein eigenes Holzfass. Die verschiedenen Fässer haben jeweils einen völlig unterschiedlichen Einfluss auf die Reifung der Weine. Hier geht Kai mit großer Akribie vor und er weiß genau, welche Reborte oder Lage sich in welchem Fass am besten entwickeln wird. "Die meisten unserer Fässer sind 600 oder 1200 Liter groß und bis zu 50 Jahre alt. Etwa 70% unserer Weine vergären mit wilden Hefen. Die sogenannte Spontangärung ist sehr kontrollaufwändig und etwas riskant. Das alte und natürliche Verfahren gibt jedem Wein die Chance sich selbst zu finden und einen tiefgründigen Charakter zu entwickeln. Erneut halten wir uns im Hinter-grund und beobachten sehr neugierig. Das heißt wir kontrollieren jedes Fass mehrmals täglich. Wenn alles gut läuft, gären die jungen Weine etwa 2 bis 3 Monate und haben dann den Großteil ihres natürlichen Zuckers zu Alkohol umgewandelt. Wenn wir merken, dass die Gärung im Holzfass zu stürmisch wird, können wir jedes Fass einzeln kühlen und damit die Hefen zügeln."
Nach der Gärung setzt sich nach und nach die Hefe am Boden des Fasses ab. Die Lagenweine reifen bis in den Mai auf dieser Hefe und werden direkt von dort mit nur einem Pump- und Filterprozess in Flaschen gefüllt. Auch hierbei gilt es die sensiblen Weine möglichst wenig zu "stressen" und sehr schonend zu behandeln.
Die Anfangsprobleme von Kai Schätzel
Der Anfang war für Kai Schätzel nicht leicht gewesen. Sein neues Konzept wurde auch von den deutschen Profi-Verkostern kaum verstanden (anders in Skandinavien). Aber er blieb seiner Linie treu und nach und nach bekommen seine Weine auch in Deutschland die Wertschätzung, die sie verdienen. Und seit Januar 2016 ist er sogar Mitglied im VDP.
Die Weine polarisieren durchaus! Kai Schätzel: "Jungfräuliche Fruchtigkeit und Schmelz können andere Bodentypen besser. Unsere Stärke ist Nachhaltigkeit, Tiefgang und Mineralität."